
Das mit dem ruhig angehen lassen, hat nicht so geklappt. Denn an Tag 4 stand uns die erste richtige Bergetappe bevor. Hinter Odda schlängelte sich die Straße noch gemächlich durch das Oddadal, das für seine zahlreiche Wasserfälle bekannt ist. Der Latefoss gehört zu den beeindruckendsten. Der zweiarmige Wasserfall ergießt sich aus 165m Höhe ins Tal und beschert der darunter liegenden Straße einen ständigen Sprühregen. Nach dieser kleinen Dusche ging es noch einige Kilometer recht eben langhin bevor wir schließlich die Straße Richtung Roldalsfjell hinauffuhren. Es ging einige Kilometer über eine, für norwegische Verhältnisse, viel befahrene Straße. Kurz vor dem 4,7km langen Roldaltunnel bogen wir ab auf die alte Poststraße, über die man den Tunnel umfahren kann. Zum Thema Tunnel ist zu sagen, dass es 1. davon sehr viele in Norwegen gibt und 2. die meisten auch mit dem Fahrrad durchfahren werden dürfen (manche aber ausdrücklich nicht). Aber gerade bei längeren Tunneln gibt es fast immer ein Umfahrung für Radler, was sehr schön ist, denn irgendwie ist es doch etwas unheimlich in der Dunkelheit, wenn die Autos und LKW von hinten angedonnert kommen.
Die schmale Straße zum Roldalsfjell mit ihren etlichen Serpentinen liegt noch einmal 200m über dem Roldalunnel und so fuhren wir auf über 1000m Höhe. Die Anstrengung hat sich gelohnt. Die Aussicht oben auf dem Roldalsfjell war atemberaubend. Wir schauten auf schneebedeckte Berge, um uns herum eisige Bergseen, schroffe Felsen, Schafe und immer wieder Wasserfälle. Das war definitiv eine der schönsten Landschaften, die wir je gesehen haben. Hier liegt noch ab ca. 800m Schnee und es sieht gar nicht aus wie Anfang Juli.
Kurz hinter dem Tunnel führt die kleine Straße wieder zurück auf die Hauptstraße. Wir hatten Hunger, es war weit und breit kein Supermarkt in Sicht und deshalb entschlossen wir uns kurzerhand in das vor uns liegende Café zu gehen. Zu unserer großen Überraschung gab es dort ein sogenanntes Sommerbuffet à la all-you-can-eat. Wir schlugen uns die Bäuche voll mit norwegischem Lachs, Gemüse, Kartoffeln, Nudelsalat, Muffins und vielem mehr. Voll gefuttert und gestärkt ging es bald wieder bergauf Richtung Sauda. Eine lange, schmale Straße schlängelt sich bei bis zu 12% Steigung hinauf. Auch hier konnten wir wieder sensationelle Ausblicke auf Seen, Eis, Schnee und Felsen genießen, begleitet vom Blöken der Schafe. Auf ca. 1000m Höhe pfiff der Wind eisig bei 13 Grad.
Durch diese atemberaubende Landschaft ging es weiter auf und ab. Es wurde langsam Abend und so begannen wir Ausschau nach einem netten Fleckchen zu suchen, wo wir unser Zelt aufschlagen konnten. Die Suche gestaltete sich gar nicht so einfach, auch wenn man in Norwegen dank des Jedermannsrecht theoretisch überall sein Zelt aufstellen kann (ein paar Regeln sind dabei jedoch zu beachten). Hier oben jedenfalls bestand die Herausforderung darin einen einigermaßen ebenen, unfelsigen und dazu noch trockenen Platz zu finden. Entweder es war zu felsig, zu steil oder zu nass. Aber schließlich fanden wir eine schöne Stelle direkt am Ufer eines kleinen Sees, Mückenplage inklusive. Und so bauten wir nach nur 58 km, aber dafür mehr als 1500 Höhenmetern unser Zelt auf.
Wegen der Mücken und der Kälte, die sich sofort bemerkbar machte nachdem die Sonne hinterm Berg verschwand, krochen wir zeitig in unsere Koje, wo wir jetzt mit dem Läuten der Schafsglocken einschlafen.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo, was hat denn dein Zeh zu der Wanderung gesagt? Auf dem Felsvorsprug darf wohl immer nur einer sein, sonst bricht er ab? Ich will gar nicht wissen, wo Andi da zum Fotografieren stand .
Hallo, dem Zeh geht’s ganz gut. Jetzt müssen wir nur sehen, wo oder wie wir in den nächsten Tagen die Fäden raus kriegen.
Da steht immer nur einer für’s Foto. Andis Platz war sicherer als meiner ?